ZUKUNFT DES AUFZUGES

"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen."

Aufzug ins All

Wie die Aufzüge der Zukunft aussehen werden, hängt von einer Reihe von Faktoren ab.

1. Die Beziehung zwischen Bevölkerungswachstum und Urbanisierung

Ganz zentral ist dabei die Frage: Wie viele Menschen werden wir sein? Mit einer wachsenden Weltbevölkerung eng verknüpft, ist das Szenario einer weiterhin anhaltenden Urbanisierung, welche ohne Hochbauten, und damit ohne Aufzüge, kaum denkbar scheint.

2. Die Arbeitswelt und das soziale Gefüge der Zukunft


Und wie könnte die Arbeitswelt und das soziale Gefüge einer hochautomatisierten, hochdigitalisierten Zukunft aussehen? Wird der urbane Mensch der Zukunft sein Gebäude überhaupt noch verlassen, oder wird die Natur in die Gebäude geholt und Wohnumfeld sowie Arbeitsumfeld verschmelzen? Mit der Organisation des Alltags eng gekoppelt, ist der Faktor Zeit: Werden die Menschen bei bester Gesundheit immer älter und wird der tägliche Bedarf größtenteils durch automatisierte Prozesse gedeckt sein, bedeutet dies auch, dass es wenig Anlass gibt, möglichst schnell sein Ziel erreichen zu müssen. Somit wird die gesamte Verkehrsinfrastruktur womöglich vollkommen anders gestaltet sein, da sich die Prioritäten verschieben.

3. Veränderungen in der Verkehrsinfrastruktur & Erlebnisorientierte Technologie

Alle Verkehrsmittel der Zukunft werden irgendeine Form von Erlebnis bieten, oder sie werden nicht genutzt. Denn in dieser Zukunft ist der Besuch entlegener, spektakulärer Orte mit Hilfe der virtuellen Realität jederzeit vom Sofa aus möglich, wie auch die weltweite Kommunikation der Menschen untereinander: Fast genauso, als ob man sich persönlich gegenüber stehen würde.

In der Zukunft wird Technologie also für viele Menschen vermutlich noch stärker ein Mittel zu reinen Unterhaltungszwecken werden. Der Unterhaltungsaspekt erklärt vielleicht auch heute schon die sehr emotionale Bindung vieler Menschen an ihr Auto: Die Fahrt selbst wird als Erlebnis wahrgenommen, was vermutlich stark damit zusammenhängt, dass der Mensch die Maschine Auto noch selbst bedienen muss. Der Fahrer hat somit den Eindruck am Erreichen des Zielortes einen Anteil zu haben. Mit der Autofahrt verbindet sich somit jedes Mal ein kleines Erfolgserlebnis: Der Mensch als "Herr über die Maschine". Da dies bei Aufzügen so nicht möglich ist, geht man auch heute schon andere Wege, um die Fahrt zu einem Erlebnis zu machen: Panoramaaufzüge sind ein Beleg dafür, auch spielt das Kabinendesign eine immer größere Rolle.

4. Aufzüge im Kontext der Gesamtheit technologischer Entwicklungen

Langfristige Vorhersagen haben natürlich äußerst spekulativen Charakter. Doch auch Mittelfristig wird sich schon einiges verändern: Durch den technischen Fortschritt werden heute noch beim Gehen beeinträchtigte Menschen wieder normal am Alltag teilnehmen können, beispielsweise unterstützt durch Exoskelette. Derzeit, im Sinne der Barrierefreiheit, erforderliche Aufzüge, mit geringen Förderhöhen, werden also womöglich durch andere Technologien verdrängt.

5. Nachhaltigkeit und Energie: Eine vielversprechende Perspektive

Ganz allgemein betrachtet sind Aufzüge eine Technologie unter vielen und unterliegen somit beschränkenden Faktoren: Die Hauptfaktoren sind die Verfügbarkeit erforderlicher Ressourcen sowie die Verfügbarkeit von Energie. Die menschliche Arbeitskraft spielt auch eine Rolle, Anlagen müssen schließlich entwickelt, gebaut und betriebsbereit gehalten werden: Ein absehbarer, gravierender Engpass an menschlicher Arbeitskraft ist jedoch nicht absehbar und es gäbe unzählige Ansatzmöglichkeiten in solchen Fällen entgegenzuwirken, z.B. indem der Variantenreichtum von Produkten, die an sich dieselbe Funktion haben, veringert wird. Auch die Verfügbarkeit von Energie stellt keinen Flaschenhals dar: Allein durch die Sonne wird so viel Energie zur Verfügung gestellt, dass es allein am Willen der Menschheit liegt, dieses Potential zu nutzen. Die größte technische Herausforderung ist somit vermutlich eine geschlossene stoffliche Kreislaufwirtschaft, ohne Abfall und Schadstoffe: Von dieser ist die Menschheit deutlich weiter entfernt, als von einer nachhaltigen Energiewirtschaft.


Alle verfügbaren Technologien stehen in Konkurrenz zueinander.

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6. Kulturelle Dimensionen der Energieverwendung

Wofür die verfügbare Energie sowie die endlichen Ressourcen letztendlich genutzt werden, ist eher eine kulturelle Frage, denn schon heute wird oft nicht nach objektiven Nützlichkeitskriterien entschieden: Wenn zum Beispiel für das Schürfen von Kryptowährungen riesige Energiemengen "verbrannt" werden. Nachhaltigkeit spielt somit heute, trotz allgemein gegenteiliger Bekundungen, oft eine eher untergeordnete Rolle: Nicht alles was technisch möglich ist, ist automatisch nützlich. Von der Verfügbarkeit von Energie & Ressourcen hängt am Ende wesentlich ab, wie effizient Technologie sein muss und welche Verbreitung erreicht werden kann:

7. Wohlstand durch Technologiezugang

Ein hoher Verbreitungsgrad, von positiv wirksam eingesetzter Technologie bedeutet allgemeinen Wohlstand - Verschwendung senkt somit den allgemein erreichbaren Wohlstand, weil die aufgewendete Energie oder die gebundenen Ressourcen für andere Anwendungen fehlen. Die verwendete Technologie sollte daher auch stets dem Zweck angemessen sein.
Wohlstand heißt dabei zwangläufig exklusiver Besitz, sondern Zugriff auf Technologie bei Bedarf (Kaufkraft): Aufzüge sind somit durchaus auch ein Beispiel für erfolgreiches, sinnvolles, bedarfsgerechtes Teilen. So wie man kein eigenes Flugzeug besitzen muss, um eine Fernreise zu machen.

8. Energieeffizienz & Nachhaltigkeit von Aufzugsanlagen

Beim Aufzug ist die Fahrt selbst in der Regel recht Energieeffizient, Seilaufzüge mit Gegengewicht, getriebelosen Antrieben und Frequenzumrichter, erreichen sehr gute Wirkungsgrade. Standby-Zeiten tragen dafür auch heute noch stark zum Gesamtenergieverbrauch einer Aufzugsanlage bei und bieten Ansatzmöglichkeiten zur Verbesserung. Stofflich sind die üblicherweise für einen Großteil der Baugruppen verwendeten Stähle vollständig recycelbar, die elektronischen Baugruppen müssen noch auf dieses Niveau der stofflichen Verwertung gehoben werden.

9. Die Künstliche Intelligenz hält Einzug

Ebenfalls mittelfristig wird in allen technischen Geräten und Maschinen die künstliche Intelligenz Einzug halten. Die Steuerung immer komplexerer Systeme wird somit möglich und die Systeme werden selbständig ihre Betriebszustände verbessern und Selbstdiagnosen durchführen. Für den Aufzug wird dies bedeuten, dass eine lernende Steuerung zu mehr Förderleistung und gezielterer Wartung beitragen wird. Technische Gebäudeeinrichtungen werden auch untereinander stärker kommunizieren, somit wird der Aufzugssteuerung ggf. bereits mitgeteilt, wenn Personen das Gebäude betreten. Außerdem kennt die KI, z.B. in Bürogebäuden, das Ziel von Personen und diese bekommen mitgeteilt, welcher Aufzug sie an ihr Ziel bringt.

10. Spektakuläre Visionen: Der Aufzug ins Weltall

Spektakuläre Aufzugsinnovationen, wie der Aufzug ins Weltall, dürften dagegen länger auf sich warten lassen. Ein Seil herzustellen, welches eine ausreichende Festigkeit aufweist um eine geostationäre Umlaufbahn zu erreichen, dürfte eine technisch kaum lösbare Aufgabe sein. Auch wenn einzelne Fasern aus Kohlenstoffnanoröhren theoretisch eine ausreichende Bruchfestigkeit aufweisen, sinkt die praktisch erreichbare Bruchfestigkeit durch die Verarbeitung zum Seil deutlich. Hinzu kommen extreme Temperaturschwankungen, Wetter in der Atmosphäre, Strahlung im Weltall und ein Punkt über den keine technischen Überlegungen zu finden sind: Wie die Antriebskraft auf das Seil übertragen werden soll. Die zu überwindenden Schwierigkeiten für eine solche Technologie sind daher gewaltig und so ist es wahrscheinlich, dass die große Mehrheit der Menschheit dem Planeten noch lange erhalten bleiben wird und wir in großer Zahl absehbar nicht ins Weltall aufbrechen werden. So lange, bis der Aufzug ins All dann vielleicht doch zur Realität wird.

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